Frauen vernachlässigen Rentenplanung
ALTERSVORSORGE Die Angst vor der Altersarmut besteht besonders bei Frauen. Ein Zustand, der durchaus berechtigt ist. Eine aktuelle Studie zeigt, dass sich nur gut die Hälfte (57 Prozent) der Frauen mit der Planung ihrer Rente beschäftigt oder diese schon abgeschlossen hat.
Weit weniger Frauen als Männer beschäftigen sich mit dem Thema „Rentenvorsorge“. Während immerhin 70 Prozent der befragten Männer angaben, sich bereits mit der Rentenplanung zu beschäftigen bzw. diese sogar schon abgeschlossen zu haben, waren dies bei den weiblichen Teilnehmern nur 57 Prozent. Zu diesem Ergebnis ist eine repräsentative Studie gekommen, die Aon Hewitt mit dem Portal Statista durchgeführt hat. Noch alarmierender ist die Aussage, wonach etwas weniger als ein Viertel der befragten Frauen sich mit dem Thema „Rentenvorsorge“ alleingelassen fühlen oder dies aufgrund mangelnder finanzieller Mittel als hoffnungslos bezeichnen. Im Klartext bedeutet dies, dass diese Gruppe bewusst das Risiko einer möglichen Altersarmut in Kauf nimmt, ohne dagegen etwas zu tun.
Die Ergebnisse lassen sich zum Teil durch den höheren Anteil von Teilzeitbeschäftigten unter den weiblichen Befragten erklären. Bei dieser Gruppe wird das Einkommen der Befragten eventuell nur als ein Zusatzeinkommen innerhalb der Familie bzw. Partnerschaft angesehen. Zudem kommt das Thema „Vorsorgeplanung“ in vielen Familien bzw. Partnerschaften traditionell noch dem männlichen Part zu. Bei Eintritt in den Ruhestand dient dann die Versorgung beider Partner zur Finanzierung des gemeinsamen Ruhestands bzw. würde im Falle einer Scheidung mittels eines Versorgungsausgleichs geteilt.
Dennoch sind diese Ergebnisse nicht gerade beruhigend. Schließlich ist nicht sichergestellt, dass sich der Lebenspartner auch tatsächlich um das Thema „Vorsorge“ kümmert und hierbei auch auf die Bedürfnisse seiner Partnerin abstellt. Hinzu kommt, dass Ehen zunehmend häufiger geschieden werden und beide Partner nach der Scheidung getrennt voneinander Verantwortung übernehmen müssen Spätestens mit der Scheidung oder dem Tod des Partners kann es sich rächen, sich mit dem Thema nicht früher auseinandergesetzt zu haben. Dies gilt insbesondere angesichts der Absenkung des gesetzlichen Rentenversicherungsniveaus, das nach dem Willen des Gesetzgebers durch höhere Beiträge der Versicherten in betriebliche und private Versorgungssysteme ausgeglichen werden soll. Hinzu kommt, dass viele betriebliche Versorgungswerke den Hinterbliebenenschutz und die Absicherung der Langlebigkeit reduziert haben.
Fehlendes Vertrauen in Vorsorgeprodukte
Frauen stehen allen Formen der Altersvorsorge wesentlich kritischer gegenüber als Männer. Am ehesten vertrauen sie noch der privaten Vorsorge.
Dies kann sich aufgrund der traditionellen Rolle der Frauen in der Familie und der statistisch längeren Lebenserwartung von Frauen in Form einer drohenden Altersarmut auswirken.
Es ist daher besser, bei der Vorsorge auf eigenen Beinen zu stehen, selbst dann, wenn das eigene Einkommen nur auf einer Teilzeitbeschäftigung beruht oder nur das Zusatzeinkommen der Familie darstellen sollte. Hier bieten sich insbesondere betriebliche Vorsorgeregelungen an, die nach den Ergebnissen der Aon-Hewitt- Studie bei den Befragten sogar im Vergleich zur gesetzlichen Rente ein deutlich höheres Vertrauen genießen. 43 Prozent der Befragten sahen die gesetzliche Rente als nicht sicher an. Dagegen waren dies bei der Betriebsrente und der Privatrente nur jeweils ein Viertel.
Das zum 1. Januar 2018 in Kraft tretende Betriebsrentenstärkungsgesetz (BRSG) stellt hierfür eine gute Gelegenheit dar. Die neuen Regelungen sehen insbesondere für Mitarbeiter mit geringen Einkommen, Mitarbeiter mit Familien und Mitarbeiter, die nach einer Familienpause wieder ins Erwerbsleben eintreten, interessante Optionen vor.
Für Einkommen bis max. 2.200 Euro pro Monat bietet das bAV-Zulagenmodell eine gänzlich neue Art der Förderung, sofern die Zusage vom Arbeitgeber finanziert wird. Die Förderung gilt nur für Beiträge in eine Direktversicherung, Pensionskasse oder einen Pensionsfonds. Sie setzt voraus, dass es sich um eine neue oder die Erhöhung einer bereits bestehenden Zusage handelt und der Beitrag mindestens 240 Euro pro Jahr beträgt. Der Förderbeitrag beträgt 30 Prozent des Arbeitgeberbeitrags. Der förderungsfähige Beitrag ist allerdings auf 480 Euro begrenzt. Insbesondere Mitarbeiter mit Familie können zusätzlich davon profitieren, die betriebliche Altersversorgung über einen riesterfähigen Tarif laufen zu lassen. Hier erhöht sich ab 2018 zum einen die jährliche Riester-Grundzulage um 21 auf 175 Euro, zum anderen fallen auf die Rentenleistungen keine Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge mehr an.
Vorsorgeplanung: Längst nicht alles im Griff
Arbeitnehmerinnen beschäftigen sich wesentlich weniger mit der Planung ihrer Altersversorgung als ihre männlichen Kollegen.
Beispielrechnung: Beispiel der alleinerziehenden Frauke Muster. Die beiden Kinder sind 2009 beziehungsweise 2011 geboren. Frauke Muster arbeitet im Handel und erhält ein monatliches Bruttoeinkommen in Höhe von 2.200 Euro. Neben den regulären Zahlungen gibt es eine Sonderzahlung in Höhe eines halben Monatsgehalts.
Durch das BRSG entscheidet sich der Arbeitgeber dazu, einen Jahresbetrag in Höhe von 480 Euro in eine Direktversicherung zu zahlen, sofern Frauke Muster einen Betrag in gleicher Höhe für ihre Altersversorgung aufwendet. Frau Muster hat sich entschieden zu riestern.
Daraus ergibt sich, Stand 2018, im Rahmen einer Direktversicherung in bAV die untenstehende Rechnung. Darüber hinaus besteht für Frauen die Möglichkeit, die Beträge mittels einer Entgeltumwandlung weiter aufzustocken. Soweit der Arbeitgeber hierbei Sozialabgaben einspart, sind diese zukünftig pauschal in Höhe von 15 Prozent des umgewandelten Entgelts als zusätzlicher Arbeitgeberzuschuss weiterzugeben.
Carsten Hölscher: “53Prozent der Befragten erwarten, dass sich ihr Arbeitgeber finanziell an einer bAV beteiligt.”
Mitarbeiter, die nach einer Familienpause mit einem ruhenden Arbeitsverhältnis in das Unternehmen zurückkehren, können Beiträge steuerfrei innerhalb der steuerlichen Grenzen nachentrichten, für Mitarbeiter mit einem niedrigen Einkommen soll durch einen zusätzlichen Freibetrag im Alter zudem sichergestellt werden, dass sich betriebliche Altersvorsorge lohnt und nicht vollständig auf Sozialleistungen anzurechnen sind.
Zu höheren Renditen bei der Altersversorgung soll nach dem Willen des Gesetzgebers zuletzt die Einführung einer reinen Beitragszusage führen, die auf einer Vereinbarung der Tarifvertragspartner beruht. Die Höhe der Leistungen bemisst sich bei der Beitragszusage anhand einer aus den gezahlten Beiträgen und Kapitalmarkterträgen ermittelten Zielrente. Zwar kann deren Höhe in Abhängigkeit vom Kapitalanlagererfolg schwanken, diese wird in der Regel jedoch deutlich höher sein als eine Rente, bei der eine Mindesthöhe garantiert ist. Wie wenig die Befragten hierzu bereit sind, zeigt die Aon-Hewitt-Studie, denn nur ein Viertel der Befragten würden zugunsten einer höheren Rendite auf Garantien zu verzichten. Bei Frauen ist die Bereitschaft, auf Garantien zu verzichten, noch wesentlich niedriger als bei Männern. Hier ist also noch erhebliche Überzeugungsarbeit zu leisten.
Das BRSG hat zum Ziel, die betriebliche Altersversorgung für Mitarbeiter mit einem geringen Einkommen zu verbreitern. Die Ergebnisse der Studie deuten daraufhin, dass neben der Einkommenshöhe womöglich auch das Thema eines „gendergap“ existiert.
Das BRSG gibt Arbeitgebern und Sozialpartnern ein Instrumentarium an die Hand, das man für eine familienfreundliche Ausgestaltung von betrieblichen Versorgungswerken nutzen kann. Nutznießer solcher Regelungen könnten insbesondere teilzeitbeschäftigte Frauen sein. Durch staatlich geförderte Arbeitgeberbeiträge könnten so die Auswirkungen von Karriereunterbrechungen gemindert werden.
Neben den finanziellen Angeboten zur Alters Vorsorge bedarf es besonderer Anstrengungen: das Bewusstsein zu schärfen, Verantwortung für die eigene Rente zu übernehmen, sowie die Finanzkompetenz der Mitarbeiter zu stärken. Hierzu zählen neben der Vermittlung der Notwendigkeit einer persönlichen Vorsorgeplanung auch das bessere Verständnis für die Kosten von Garantien und deren Auswirkung auf die Rendite.
Übrigens belegt die eingangs zitierte Studie, dass mehr als 53 Prozent der Befragten von ihrem Arbeitgeber erwarten, dass dieser sich auch finanziell an einer betrieblichen Altersversorgung beteiligt. Angesichts des immer häufiger beklagten Mangels an Fachkräften und Auszubildenden sollte dies für die Arbeitgeber eine Überlegung wert sein, zumal sie die Kosten für eine Betriebsrente nicht allein zahlen müssen. Zusammen mit der Beteiligung von Staat und Mitarbeiter können bereits moderate Arbeitgeberzuschüsse einen spürbaren Beitrag zu einer besseren Absicherung im Alter leisten.
Autor Carsten Hölscher ist Partner bei Aon Hewitt, Retirement & Investment.